Wie ich „den Kiefer“ schon vor Erscheinen kannte

Eine persönliche Erinnerung an Prof. Gerhard Kiefer und die Entwicklung der DIN VDE 0100

Ein Klassiker im Bücherregal vieler Elektrofachkräfte

Wer heute mit der DIN VDE 0100 arbeitet, kennt das: ein riesiges Vorschriftenwerk, viele Teile, ständige Aktualisierungen. Kaum jemand, der nicht irgendwann zum Klassiker greift: VDE 0100 und die Praxis“ – kurz: der Kiefer.

Doch was nur wenige wissen: Ich durfte Prof. Gerhard Kiefer persönlich kennenlernen – genau in der Zeit als er an der ersten Auflage seines Standardwerks arbeitete. Diese Begegnung hat meinen beruflichen Weg geprägt und ist für mich bis heute eine besondere Erinnerung.

Der Anfang: ein schmales Normenbüchlein

Die Basis der heutigen Normenlandschaft war damals noch erstaunlich überschaubar. Die VDE 0100, Ausgabe 5/73, umfasste gerade einmal 164 Seiten im DIN-A5-Format – ein schmales Heftchen, das ich noch heute in meinem Bücherregal stehen habe.

Doch die Elektrotechnik entwickelte sich rasant. Schnell war klar: Die Normen mussten komplett neu strukturiert und erweitert werden.

Gemeinsam im Komitee

In dieser spannenden Phase saß ich mit Prof. Kiefer im DKE-Komitee K 221.1. Für mich als junger Mitarbeiter bei der DKE war es eine aufregende, aber auch herausfordernde Zeit. Gerade war ich zum Obmann eines neuen Arbeitskreises gewählt worden – mit der Aufgabe, die zukünftige DIN VDE 0100-704 „Elektrische Anlagen auf Baustellen zu erarbeiten.

Ich gebe zu: Damals war ich unsicher, ob ich dieser verantwortungsvollen Rolle schon gewachsen war.

Ein Rat, der mich prägte

Also suchte ich das Gespräch mit Prof. Kiefer. Seine Antwort werde ich nie vergessen: Mit ruhigen Worten machte er mir Mut und ermunterte mich, die Verantwortung anzunehmen.

„Trauen Sie sich das ruhig zu. Die Praxis braucht junge Fachleute, die Verantwortung übernehmen.“

Diese Worte waren für mich nicht nur Bestätigung, sondern ein echter Antrieb. Und im Gegenzug erzählte mir Prof. Kiefer von seinem eigenen Projekt: dem Manuskript zu „VDE 0100 und die Praxis“.

Ein Werk, das Geschichte schrieb

1984 erschien die erste Auflage – und entwickelte sich rasch zum Standardwerk für Elektrofachkräfte. Heute, in der 18. Auflage von 2024, umfasst „der Kiefer“ über 1000 Seiten und ist aus der Praxis nicht mehr wegzudenken.

Für mich hat das Buch auch eine persönliche Bedeutung: Es war die Zeit, in der mein Arbeitskreis an der DIN VDE 0100-704/11.87 arbeitete. Deren Veröffentlichung war für mich der Anlass, 1987 mein erstes eigenes Buch im VDE Verlag zu schreiben. So wurde aus der Inspiration durch Prof. Kiefer ein eigener Meilenstein in meiner Autorenlaufbahn.

Mein Fazit

Wenn ich heute den „Kiefer“ aufschlage, ist er für mich weit mehr als ein Nachschlagewerk. Er ist:

  • ein Wegweiser durch den Normendschungel,
  • ein verlässlicher Begleiter für alle, die tagtäglich sichere elektrische Anlagen planen, errichten und prüfen,
  • und ein persönliches Erinnerungsstück an einen großartigen Mentor und Kollegen.

Wer in der Elektrotechnik mit der DIN VDE 0100 arbeitet, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Für mich ist es nicht nur Fachliteratur, sondern auch ein Stück Geschichte – und ein Beweis dafür, dass Normen Leben prägen können.

Kurz zusammengefasst:

Vom schmalen DIN-A5-Bändchen der VDE 0100 im Jahr 1973 bis zum über 1000 Seiten starken Standardwerk von heute: „Der Kiefer“ begleitet Elektrofachkräfte seit Jahrzehnten als verlässlicher Wegweiser durch den Normendschungel. Für mich ist dieses Buch mehr als Fachliteratur – es ist Erinnerung an meinen Mentor Prof. Gerhard Kiefer, Inspiration für mein erstes eigenes Buch 1987 und bis heute ein Klassiker, an dem niemand vorbeikommt, der mit der DIN VDE 0100 arbeitet.

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